Editorial FUNKAMATEUR 4/2021
20 Jahre WSJT
Zwei Jahrzehnte ist es nun her, seit WSJT erstmals zum Download bereitstand. Seitdem haben WSJT, WSPR und WSJT-X ohne Frage den Amateurfunk auf ein neues Niveau gehoben. Entwickler Prof. Dr. Joe Taylor, K1JT, fokussierte sich mit den ersten Programmversionen noch hauptsächlich auf die Meteorscatter-Ausbreitung: Mit dem Modul FSK441 wurden gegenüber der bis dahin gebräuchlichen High-Speed-Telegrafie mit ihren etwa 1500 BpM bis zu achtfach höhere Übertragungsraten erzielt. Damit waren nun selbst kürzeste Reflexionen für Funkübertragungen nutzbar. Auch die Demodulation per Software machte das Scattern über ionisierte Meteoritenspuren sehr viel einfacher. Viele Funkverbindungen am Rande des Möglichen wären ohne FSK441 nicht machbar gewesen.
Im Laufe der Zeit kamen weitere Module zum WSJT-Paket hinzu, für EME-Funk und KW. Mit WSPR steht seit 2008 ein Bakenmodus zur Verfügung, der auch schwächste Signale noch decodiert. Eine weitere große Innovation war 2017 die Einführung des FT8-Digimodes. Damit lassen sich bei leisesten Signalen noch Funkverbindungen durchführen, was zuvor – wenn überhaupt – nur in Morsetelegrafie möglich war. Im Unterschied zum empfindlicheren JT65 braucht man aber nur 15-s- statt 60-s-Sequenzen. FT8 ist also ein Kompromiss zwischen notwendiger Übertragungszeit und Empfindlichkeit.
Damit einher ging leider eine gewisse Zweckentfremdung seitens der Anwender: Obwohl FT8 als DX-Modus für niedrige Feldstärken gedacht ist, werden überwiegend Verbindungen getätigt, bei denen die Signale problemlos auch für SSB-Kontakte reichen würden. Es kam zu einer gewissen Fokussierung des Funkbetriebs auf ein, zwei Frequenzen. Der Rest des jeweiligen Bandes bleibt meist wenig genutzt.
Selbst, wenn es sich nicht um eine DXpedition handelt, reduziert sich der Informationsaustausch nun auf das minimal Erforderliche: Rufzeichen, Rapporte und Mittelfeld. Ob dieses contestmäßige Abarbeiten von Stationen auf die Dauer wirklich Freude bereitet, muss jeder selbst entscheiden.
Zweifelsohne wären ohne FT8 manche für unmöglich gehaltenen Erfolge vor allem auf 144 MHz nicht zustande gekommen: Tropo-Verbindungen über mehr als 3000 km von Deutschland bis zu den Azoren oder Funkkontakte über eine Kombination Tropo/Sporadic E von Deutschland bis zu den Kapverden, also über fast 5000 km. Darüber hinaus helfen das Reverse-Netzwerk und PSK-Reporter – wo wurde mein Signal von wem wann gehört? – beim Aufspüren von Bandöffnungen auf KW und UKW.
Die WSJT-Entwicklung geht auch im 20. Jahr weiter: In dieser Ausgabe stellen wir die neue WSJT-X-Version 2.4 vor, die mit Q65 einen neuen Weak-Signal-Modus implementiert hat. Dieser arbeitet mit modernsten Algorithmen der Codierung sowie der digitalen Signalverarbeitung und erreicht damit hinsichtlich der Empfindlichkeit die Möglichkeiten des bisherigen JT65, ja übertrifft es in gewissen Bereichen sogar. Laut K1JT liegt man nun gar nicht mehr so weit entfernt von dem Niveau, das die NASA für die Kommunikation mit ihren Sonden erreicht. Etwa 2 dB bis 3 dB Differenz dürften es noch sein – bei einem allerdings erheblich höheren technischen Aufwand.
Unter dem Strich hat WSJT aus meiner Sicht dem Amateurfunkdienst eine Menge gebracht, quer über alle Bänder von LF bis SHF. Es bleibt jedoch eine Softwareanwendung und Digimodes erzeugen bei mir selten die gleichen Emotionen, wie eine Verbindung in SSB oder Telegrafie mit der gesuchten DX-Station. Gleichwohl möchte ich diese auf keinen Fall mehr missen.
Ich wünsche Ihnen viel DX und viel Spaß beim Funken – auf allen Bändern und in allen Modes.
Bernd Mischlewski, DF2ZC