Scandium-Atomuhren: Pünktlich für 300 Mrd. Jahre
2023-10-11
Heutige Atomuhren basieren auf Oszillatoren mit Cäsium, die bei Anregung
durch Mikrowellenstrahlung mit einer sehr stabilen Frequenz schwingen. Die
NIST-F2-Uhr des National Institute of Standards and Technology des
US-Handelsministeriums beispielsweise würde in 300 Millionen Jahren weder eine
Sekunde vor- noch nachgehen.
Doch die Wissenschaftler wollen das noch perfektionieren und die
Schwingung des Atomkerns - und nicht der Elektronenhülle – nutzen.
Am europäischen Röntgenlaser XFEL haben die Forscher mit dem Element Scandium einen vielversprechenden Kandidaten gefunden. Es ist als hochreine Metallfolie oder als Scandiumdioxid-Verbindung erhältlich. Die Atomresonanzen des Elements sind viel ausgeprägter als die der Elektronen in der Atomhülle.
Allerdings ist es schwieriger, sie zum Schwingen zu bringen: Es wird Röntgenstrahlung
mit einer Energie von 12,4 keV benötigt werden, was etwa dem 10 000-fachen der
Energie von sichtbarem Licht entspricht. Die Forscher zeigten eine Resonanzbreite von nur 1,4 feV (1,4 x 10-15 eV, der SI-Einheiten-Präfix f steht für femto, ein Billiardstel), was eine Genauigkeit von
1:10 000 000 000 000 möglich machen könnte.
Ralf Röhlsberger, Forscher am Deutschen Elektronen-Synchrotron, war Teil des
Teams. Er sagte, die mögliche Genauigkeit einer Atomuhr mit Scandium entspreche
1 s in 300 Mrd. Jahren. Das heutige Universum ist erst etwa 15 Mrd. Jahre alt. Die
Forschungsgruppe wurde von Yuri Shvyd'ko, leitender Physiker am Argonne
National Laboratory in Lemont, Illinois, geleitet. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift
Nature veröffentlicht.
DL2MCD