DAB+: Sendet besser, als die Polizei erlaubt!
2011-09-16
Das auf der IFA präsentierte, runderneuerte Digitalradio DAB, nun als DAB+ noch effizienter, ist bei der Polizei in Verruf gekommen. Deren Funk ist nämlich auch nach 20 Jahren noch nicht digitalisiert und die alten Handfunkgeräte machen in der Nähe der DAB+-Sender schlapp: Diese senden auf 174,928 MHz, der Bonner Polizeifunk im BOS-2-m-Band auf 173,580 MHz. 1,348 MHz Abstand mag im Rundfunk ausreichen, ebenso im Amateurfunk, aber offensichtlich nicht im Profifunk.
Wegen einer Demonstration in Dortmund wurde deshalb dort bereits von der Bundesnetzagentur eine viertägige Abschaltung des Digitalradios verfügt, nun wird das Digitalradio in Bonn drei Tage lang anlässlich des "NRW-Tags" und des Tags der Deutschen Einheit schweigen müssen.
Ebenso gibt es bundesweit Ärger mit undichten Kabelanlagen, durch die die Analog-Fernsehübertragungen im Kabel von den unbotmäßigen digitalen Funkausstrahlungen gestört werden.
Wie das neue Radiosystem Erfolg haben soll, wenn es nun wohl alle Naselang polizeilich stillgelegt werden muss, weil der BOS-Funk versagt, ist fraglich. Ebenso fragt man sich, wieso man nun, nachdem DAB jahrelang durch die Beschränkung auf Kanal 12 und dessen Nähe zu militärischen Funkfrequenzen gehandicapt war, nun ausgerechnet für den bundesweiten DAB+-Kanal erneut an den äußersten Rand des TV-Bands III gehen musste? Und schließlich fragt man sich, wie das nur alles geklappt hat, als noch Fernsehen im TV-Band III ausgestrahlt wurde?
Immerhin könnte DAB auf diese Art nun doch mal dem Normalbürger ein Begriff werden. Denn obwohl es jede Menge neue und teils sehr günstige DAB+-Empfänger gibt, sind diese im normalen Rundfunk- und Fernsehhandel und in den Media- und Saturn-Märkten kaum zu finden. Wozu auch, wenn in manchen Bundesländern auch fast kein Empfang besteht? Denn während Bayern seit nunmehr 15 Jahren flächendeckend versorgt ist, sind in Hessen gerade einmal drei Senderstandorte vorgesehen und damit praktisch das ganze Bundesland ein weißer Fleck in der Versorgungskarte. Den Plan, meinem Vater zu seinem 95jährigen Geburtstag ein DAB+-Radio zu schenken, damit er den Deutschlandfunk (und dazu auch DR Wissen) endlich vernünftig ohne Rauschen und Interferenzen empfangen kann, kann ich vergessen: Über 50 km um seinen Wohnort ist aber auch nicht das Geringste von DAB+ zu hören. Die Polizei wird es freuen.
DL2MCD