Kernfusion per Schuss
2022-05-09
Nein, für den 1. April kommt diese Meldung von The Register zu spät, und von Schüssen in und an Reaktoren möchte man momentan auch nichts hören. Doch das britische Unternehmen First Light Fusion behauptet, die Kernfusion mit einem Ansatz erreicht zu haben, der billige, saubere Energie liefern könnte - aber nicht geräuschlos.
Die Anlage von First Light will weder Laser noch starke Magnetfelder verwenden, sondern stattdessen ein Wolframprojektil aus einer gasbetriebenen Kanone auf ein Ziel schießen, das eine kleine Deuterium-Brennstoffkapsel enthält, die beim Aufprall
implodiert. Diese schnelle Implosion bewirkt, dass die Atome des
Brennstoffs verschmelzen, wodurch ein Energieimpuls freigesetzt wird.
Diese Fusionsenergie soll von Lithium absorbiert werden, das durch die
Kammer fließt und dann durch einen Wärmetauscher, um eine Dampfturbine anzutreiben und so Strom zu erzeugen. Das Projektil würde alle 30 Sekunden abgefeuert. Dargestellt wird dies in diesem Video - das allerdings eher an einen Reaktorunfall erinnert.
First Light hat nach eigenen Angaben der britischen Atomenergiebehörde einen erfolgreichen Fusionsschuss demonstriert. Es heißt, die Aufsichtsbehörde habe anhand der emittierten Neutronen festgestellt, dass während des Tests eine Fusion erreicht wurde. Bei diesem Testschuss erreichte das Projektil eine Geschwindigkeit von 6,5 km/s, bevor es das Ziel traf.
Das 2011 gegründete Unternehmen First Light, das aus der Universität Oxford hervorgegangen ist, konzentriert sich auf die Projektilfusion, eine Idee, die von Physikern vor Jahrzehnten vorgeschlagen wurde.
In seinem Experiment konnte First Light nach eigenen Angaben 50 Neutronen erzeugen. Hawker sagte, die freigesetzte Energiemenge sei "sehr gering", und das Unternehmen arbeite daran, die Anzahl der Neutronen bei seinem nächsten großen Versuch um das 1.000-fache zu erhöhen.
Bevor die Technologie für die Stromversorgung von Privathaushalten eingesetzt werden kann, muss die Anlage von First Light eine Fusionsreaktion erreichen, die eine Quintillion (1018) Neutronen freisetzen kann; dann könnte eine einzige Kollision mit einem Projektil genügend Energie freisetzen, um ein durchschnittliches Haus mehr als zwei Jahre lang mit Strom zu versorgen. Leider entsteht dabei auch Tritium, das radioaktiv ist - ohne das die Reaktion aber nicht dauerhaft auskommt. So ganz sauber ist der Fusionsstrom also doch nicht - und der Reaktor mit einem Schuss alle 30 Sekunden sicher nervender als ein Windrad.
DL2MCD