KI erzeugt im Labor neue Kristallstrukturen
2023-12-22
Kristalline Strukturen bestehen aus Atomen, die in einem sich wiederholenden Muster angeordnet sind. Sie weisen oft besondere Eigenschaften auf, die es ihnen ermöglichen, unter bestimmten Bedingungen Elektrizität, Licht oder Magnetismus zu leiten, was sie für die Elektronik nützlich machen kann. Silizium bildet zum Beispiel eine kubische Diamantkristallstruktur, Graphen besteht dagegen aus Schichten von Kohlenstoffatomen in einem sechseckigen Gitter.
Neue Materialien versuchte man bislang rein experimentell ("Versuch und Irrtum") zu synthetisieren, zuletzt zumindest mit vorhergegangenen Computersimulationen. Diese konnten Hinweise geben, ob der neue Stoff stabil wäre oder etwa sofort explodieren würde.
Forscher von Google DeepMind gaben nun bekannt, dass ein KI-Modell 2,2 Mllionen mögliche Kristallstrukturen gefunden hat, von denen 380 000 stabil sein könnten. Die Software mit dem Spitznamen GNoME basiert auf einem neuronalen Graphen-Netzwerk, das auf Daten von 69 000 bekannten Kristallen trainiert wurde. So generierte GNoME 52 000 Verbindungen mit einer ähnlichen Struktur wie Graphen, 528 Lithium-Ionen-Leiter sowie 15 Lithium-Übergangsmetalloxide, die möglicherweise zur Herstellung von Materialien für Supraleiter und wiederaufladbare Batterien verwendet werden könnten. Ob die Berechnungen zutreffen, wird sich jedoch erst zeigen, wenn die errechneten Materialien tatsächlich synthetisiert werden.
In einem anderen Projekt, das in Zusammenarbeit mit Forschern des Lawrence Berkeley National Laboratory im Rahmen des Materials Project durchgeführt wurde, fanden einige der Ergebnisse von GNoMe Verwendung, um 58 anorganische Pulver für einen Roboterarm auszuwählen. Sie suchten Stoffe heraus, von denen bekannt ist, dass sie nicht mit Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasser reagieren und somit unter normalen Bedingungen stabil sind.
Das vorgeschlagene chemische Rezept für die Herstellung der anorganischen Pulver wurde von einem umfangreichen Sprachmodell erstellt, das auf Textdaten aus akademischen Abhandlungen trainiert wurde. Diese wurden dann in Form einer Reihe von Anweisungen an einen Roboterarm weitergegeben, der diese ausführen sollte. Der Roboter wählt die Zutaten aus, mischt sie und erhitzt sie, um die Verbindung herzustellen. Das gesamte System, das den Namen A-Lab trägt, wurde in einem Artikel beschrieben, der in Nature veröffentlicht wurde.
In 17 Tagen konnten 41 der 58 Verbindungen hergestellt werden, 35 waren A-Lab-Rezepte von insgesamt 355. Schief geht es beispielsweise bei langsamen Reaktionen und flüchtigen Substanzen. Dann entsteht statt eines kristallinen Pulvers auch zuweilen eine klebrige Pampe. Immerhin kam es bislang zu keiner Explosion. Wenn dies aber doch einmal passiert, ist dann hoffentlich nur ein Roboter hin und nicht das ganze Institut.
DL2MCD