TVI verkehrt
2011-05-06
Plasma-Fernseher stören den Amateurfunk
Ach, die gute, alte Zeit, als Funkamateure höchstens mal den Fernsehempfang störten und sich so bei ihrem Nachbarn unbeliebt machten, bis die Deutsche Bundespost dem bösen Funker das Funken verbot – oder aber feststellte, dass der Fernseher nicht ausreichend störstrahlungsfest war und der Funkamateur weiter senden durfte, so ihm das Verhältnis zu seinem Nachbarn egal war. Ansonsten halfen oft einige Ringkerne in der Netzzuleitung oder ein Filter in der Antennenleitung weiter, und es konnte wieder friedlich gefunkt und ferngesehen werden.
Heutige Fernseher (also die Geräte, nicht die Nutzer) sind deutlich größer als früher. 37 Zoll, 42 Zoll, 52 Zoll, 60 Zoll. Inzwischen meist als LCD. Doch gerade bei Großformaten ist Plasma billiger. Und liefert zumindest in dunklen Räumen knackigere Farben. Allerdings verheizen Plasma-Fernseher auch enorm viel Strom, flimmern – und stören!
Letzteres ist bedingt durch die Technik: Die Bildpunkte von Plasma-Fernsehern leuchten durch eine Gasentladung, wie in einer Glimmlampe, die Leuchtstoffe anregt wie in den alten Bildröhren. Damit die Gasentladung startet, ist ein Hochspannungsimpuls notwendig, danach ist sie – außer durch Abschalten – nicht mehr steuerbar. Um so nicht nur „ein“ und „aus“, sondern auch unterschiedliche Helligkeiten und Farben darstellen zu können, muss die Entladung mit unterschiedlich langen Impulsen getaktet werden – mindestens mit 50 Hz (was zu deutlichem Flimmern wie bei Röhrengeräten führt), bei teureren Geräten, beispielsweise von Panasonic, mit bis zu 600 Hz.
Hochspannungsimpulse von einigen kV, mit bis zu 600 Hz, auf teils mehreren qm Fläche? Das muss ja stören. Und abschirmen kann man die Displays nicht – dann wäre ja nichts mehr zu sehen.
Unter den Folgen leiden nun viele Funkamateure, schlimmer, als es zuvor mit Schaltnetzteilen je geschehen war. Auf Youtube finden sich unzählige Hörbeispiele von Plasma-TV-Störungen – nützlich, wenn man selbst rätselhafte Breitbandstörungen hat und wissen will, ob es vielleicht am neuen Fernseher des Nachbarn liegen könnte:
http://www.youtube.com/watch?v=qMUzVwtEmgU
http://www.youtube.com/watch?v=Imz9vgAo9Wc
http://www.youtube.com/watch?v=hTXlLxV_Xwk
http://www.youtube.com/watch?v=g9h1-kTuzP0
http://www.youtube.com/watch?v=-oRBE5FJ35A
Der Funkamateur Daniel Möller, DL3RTL hat ebenfalls Ärger mit dem Fernsehen. Nein, er wurde zwar nicht von einem Kölner Fernsehsender wegen seines Rufzeichens verklagt, doch auch bei ihm hatte ein über ihm wohnender Nachbar sich einen neuen Plasma-Fernseher gekauft, in diesem Fall von Samsung:
http://www.youtube.com/watch?v=qMUzVwtEmgU
Daraufhin konnte OM Möller 2009 und 2010 nicht mehr funken. Er beließ es jedoch nicht dabei, sich über die Störungen auf Youtube zu beklagen, er meldete die Funkstörungen am 15. Mai 2010 auch bei der Bundesnetzagentur.
Die hatte zunächst wegen der IFA in Berlin keine Zeit, doch am 8. Dezember 2010 fuhr schließlich ein Messwagen beim Nachbarn vor. Am 3. Januar 2011 erfuhr DL3RTL, dass der Samsung-Plasma-Fernseher tatsächlich die Störgrenzwerte überschritt, der Nachbar musste ihn stilllegen. Und redet seitdem nicht mehr mit ihm.
Doch auch andere Funkamateure wehren sich gegen die Fernseher-Störungen. In diesem Beitrag des westdeutschen Rundfunks wird ein weiterer Fall geschildert, in dem diesmal ein LG-Plasmafernseher den Funkamateur DL3OCL, Gerhard Peuser, störte. Und zwar auch, wenn der Nachbar statt „Unterschichtenfernsehen“ wertvollere öffentlich-rechtliche Programme ansah, wie der westdeutsche Rundfunk zugibt. Allerdings wird hier trotzdem – wenn auch humorig – eher der Funkamateur als der Querulant dargestellt, das Verhältnis von öffentlich-rechtlichen Sendern zu Funkamateuren ist ja inzwischen mitunter gespannt. Auch hier ließ die Bundesnetzagentur das Gerät stilllegen.
Da ist dieser Plasma-Fernseherbesitzer noch gut davongekommen: Sein Gerät stört nur ihn selbst – mit Gebrumm:
http://www.youtube.com/watch?v=uZWweCKqqCI
Fazit: Funkamateure sollten nur LCD-Fernseher kaufen. Es ist nicht nur die bessere Technologie – es fördert auch den Familienfrieden, wenn die XYL und die Kinder wenigstens fernsehen können, wenn Papi schon den ganzen Abend funkt…